»Obwohl sie noch nicht einmal alt genug waren, um das große Einmaleins zu beherrschen, wussten sie schon genau, dass eine Mannschaft keine richtige Mannschaft ist, wenn man nicht aufeinander zählen kann. Zu wissen, dass es Leute gibt, die einen niemals im Stich lassen, ist eine kleine und gleichzeitig eine große Sache.«
Bei dieser Mannschaft dreht es sich um die Björnstädter Bären – das heimische Eishockeyteam einer schwedischen Provinzstadt, das seine großen Zeiten hinter sich hat. Lichtblick ist die eingeschworene Jugendmannschaft, die mit einigen Ausnahmespielern den Glanz der alten Zeit wieder in die Stadt bringen soll. Und vor allem das Geld von Sponsoren, die angezogen durch den Erfolg auf dem Eis, in die Stadt investieren wollen.
Dass dieses oben zitierte Gemeinschaftsgefühl schnell in einen alles verschlingenden Gruppenzwang umkippen kann, beschreibt kaum jemand so einfühlsam und erschreckend klar, wie der Autor Fredrik Backman.
Liebeserklärung an das Eishockey
Backman gehört zu den erfolgreichsten Schriftstellern Schwedens – zu recht! Da ich die Romane »Ein Mann namens Ove« und »Britt-Marie war hier« kenne, ahnte ich in etwa, auf was ich mich bei der Lektüre von »Die Stadt der großen Träume« einlasse. Ich erwartete ein Gesellschaftsporträt, dass mich zu Tränen rühren und gleichzeitig vor Lachen weinen lassen würde – und dann dreht es sich auch noch um Sport. Eine Win-Win-Situation. Zumindest dachte ich so. Doch in diesem Buch geht Backman noch viel tiefer – es ist düsterer.
»Stadt der großen Träume« ist eine unglaublich intensive Liebeserklärung an das Eishockey.
Eishockey ist nur ein lächerliches unbedeutendes Spiel, dem wir uns Jahr für Jahr hingeben, ohne darauf hoffen zu können, im Gegenzug irgendetwas zurückzubekommen. Wir opfern alles, was wir haben, brennen fürs Eishockey, bluten und weinen im vollen Bewusstsein darüber, dass das absolut Größte, was uns dieser Sport geben kann, im besten Fall unbegreiflich klein und wertlos ist: Es sind nur ein paar vereinzelte Augenblicke. Das ist alles.
Aber was zum Teufel macht das Leben sonst aus?
»Stadt der großen Tröume« von Frederik Backman
In Björnstadt ist es also das Eishockey, das einen Großteil des gesellschaftlichen Lebens in der Stadt dominiert. Als Mannschaftssportler, insbesondere, wenn du in einer kleineren Stadt aufgewachsen bist, kannst du für dich jede andere Sportart einsetzen: Fußball, Handball, Basketball, Volleyball … Das beschriebene Gefühl kennen viele von uns.
Wie weit würdest du für einen Freund gehen?
Und genau dieses mannschaftliche Wir-Gefühl und die Projektionen, die von außen in diesen Sport gelegt werden, machen ihn einerseits so kostbar für uns und doch an anderer Stelle auch so gefährlich.
Mal sind es Verpflichtungen gegenüber Sponsoren, die aus dem sportlichen Spiel schnell eine sehr ernsthafte Sache werden lassen. Oder es sind fatale Entscheidungen und Taten Einzelner, die zu falsch verstandener Loyalität innerhalb der Mannschaft führen und zerstörerisch sein können.
Im ersten drittel des Buches steht das Spiel und seiner Protagonisten auf dem Eis im absoluten Mittelpunkt. Viele Zitate wie das obige sprechen uns Sportlern aus dem Herzen und es lässt sich mit einigen Protagonisten des Buches nur zu gut mitzufiebern. Da ist zum Beispiel Amat, der nach unendlichen Trainingsstunden und Demütigungen, schließlich die Chance erhält, sich in der Mannschaft zu beweisen. Oder Peter, der als ehemaliger Eishockeyprofi mit seiner Familie in seine alte Heimatstadt zurückkehrt, um als sportlicher Leiter etwas aufzubauen.

Das wichtige kommende Qualifikationsspiel der Jugendmannschaft dominiert den Alltag des kleinen Städtchens Björnstadt und alle Bewohner gehen auf ihre ganz eigene Weise mit dem anstehenden sportlichen Highlight um.
Der weiteren Entwicklung im Buch mag ich an dieser Stelle nicht zu sehr vorgreifen. Denn die Wendungen des Buches ließen mich im wahrsten Sinne des Wortes schwindelig werden. Es sei nur so viel gesagt: Wer sich dem Mannschaftssport verbunden fühlt, neben einigen humorvollen Szenen aber auch mit schwermütigeren und nicht leicht zu ertragenden Zeilen klar kommt, dem sei dieses Buch sehr ans Herz gelegt.
Schließlich ist auch dieses Buch von Backman wieder ein besonderes Buch, mit vielen Wahrheiten, auch wenn wir die ein oder andere nicht unbedingt hören wollen. Es lohnt sich!
Ihr erhaltet das Buch in der Buchhandlung eures Vertrauens oder auch online bei Thalia.